Angesichts der festgefahrenen Verhandlungen über die Beziehungen nach dem Brexit führen die Spitzen der EU-Institutionen ein Gespräch mit dem britischen Premierminister Boris Johnson. Beide Seiten hätten sich auf die Beratungen "auf hoher Ebene" per Videoschalte verständigt, teilten die EU und die britische Regierung mit. Der Regierung zufolge werden die Gespräche für ein Handelsabkommen nun "intensiviert". Im Juli soll demnach praktisch durchverhandelt werden.

Nach Angaben der EU nehmen an der Videokonferenz mit Johnson neben EU-Ratspräsident Charles Michel auch Kommissionschefin Ursula von der Leyen und Parlamentspräsident David Sassoli teil. Der britischen Regierung zufolge findet das Gespräch am Montagnachmittag statt.

Es solle nun "jede Woche Gespräche" in den fünf Wochen zwischen dem 29. Juni und Ende Juli geben, sagte ein britischer Regierungssprecher. Dabei werde es einen "neuen Prozess" geben. Er sei "eine Mischung aus formellen Verhandlungsrunden und kleineren Gruppensitzungen sowohl in London als auch in Brüssel", sofern dies die Lage in der Corona-Pandemie erlaube.

Festgefahrene Verhandlungen

In vier Verhandlungsrunden gab es aber keine wesentlichen Fortschritte. Die britische Regierung weigert sich bisher, Sozial-, Umwelt- und Verbraucherstandards der EU im Gegenzug für einen weitgehend ungehinderten Zugang zum europäischen Binnenmarkt zu akzeptieren. Hoch umstritten ist auch der weitere Zugang für EU-Fischer zu britischen Fanggründen.

EU-Verhandlungsführer Michel Barnier hatte nach Ende der vorläufig letzten Runde am 5. Juni gesagt, es habe "keine bedeutenden Fortschritte" gegeben. Er warf den Briten dabei vor, von früheren Zusagen abzurücken. EU-Vertreter mutmaßten, dass die britischen Unterhändler die Anweisung bekommen haben, die Verhandlungen bewusst zu blockieren, um den Druck auf die EU zu erhöhen.

Ein hochrangiger britischer Verhandlungsteilnehmer schloss dann Ende vergangener Woche nicht aus, dass Großbritannien bereit sein könnte, einige Zölle zu akzeptieren. In der Frage der EU-Standards werde sich das Land aber nicht bewegen.

Großbritannien war am 31. Januar nach langem politischem Hin und Her aus der EU ausgetreten. In der Übergangsphase bis Jahresende bleibt das Land noch im EU-Binnenmarkt und in der Zollunion. In dieser Zeit wollen beide Seiten insbesondere das Handelsabkommen schließen. Die EU hatte London dabei einen Freihandelsvertrag ohne Zölle und Einfuhrquoten angeboten.