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Brexit-Verhandlungen Vier Monate, vier Gesprächsrunden, kein Fortschritt

Erneut haben EU und Großbritannien verhandelt - doch wie ihr künftiges Verhältnis aussehen soll, ist nicht klarer geworden. Chef-Unterhändler Barnier machte aus seiner Frustration keinen Hehl.
EU-Unterhändler Michel Barnier: Hat keinen Fortschritt zu vermelden

EU-Unterhändler Michel Barnier: Hat keinen Fortschritt zu vermelden

Foto: YVES HERMAN/POOL/EPA-EFE/Shutterstock

Die vierte Brexit-Verhandlungsrunde zwischen der EU und Großbritannien ist beendet - von einem Abkommen sind die Verhandlungspartner jedoch "noch weit entfernt". Das teilte der EU-Unterhändler Michel Barnier nach Ende der viertägigen Gespräche mit. "Es gab in dieser Woche keine wesentlichen Fortschritte", sagte der Franzose. Barnier warf der britischen Seite vor, sich von bisherigen Abkommen zu distanzieren, die die Richtung für die jetzigen Gespräche aufzeigen.

"Wir können nicht ewig so weitermachen", sagte der EU-Chefverhandler. Das Abkommen zwischen der EU und Großbritannien müsse wegen der nötigen Ratifizierung spätestens bis 31. Oktober ausgehandelt sein. Barnier schlug eine weitere Verhandlungsrunde Ende Juni vor. Wegen des Zeitdrucks sei es notwendig, sich "auf die schwierigsten Themen zu konzentrieren".

"Der Fortschritt bleibt begrenzt"

Der britische Verhandlungsführer David Frost sagte: "Der Fortschritt bleibt begrenzt." Trotzdem sollten die Gespräche fortgesetzt werden. Um voranzukommen, müssten die Verhandlungen "intensiviert und beschleunigt" werden. "Wir nähern uns den Grenzen dessen, was durch das Format förmlicher Runden aus der Ferne erreicht werden kann", sagte Frost zu den Verhandlungen per Videokonferenz.

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Ein besonderer Streitpunkt sind Fischereirechte, obwohl der Fischfang nur rund 0,12 Prozent der britischen Wirtschaftsleitung ausmacht. Strengere Regeln für ausländische Fischer in britischen Gewässern nach dem Brexit waren eines der zentralen Wahlversprechen des britischen Premiers Boris Johnson. Barnier, der früher französischer Minister für Landwirtschaft und Fischerei war, sagte, Regeln zum fairen Wettbewerb in dem Bereich könnten nicht von den übrigen Handelsabkommen abgekoppelt werden. Großbritannien habe bisher keinen "ernsthaften Willen" gezeigt, hierbei zu einer Vereinbarung zu kommen.

Forderungen "ohne Gegenleistung"

Barnier wies erneut darauf hin, dass das Königreich noch bis Ende Juni eine Verlängerung der Übergangsfrist beantragen könne. Damit bliebe mehr Zeit für Verhandlungen. Eine solche Verlängerung lehnt London jedoch bisher ab. Die britische Regierung schloss diese Option sogar per Gesetz aus. Dieses könnte theoretisch jedoch auch wieder kassiert werden.

Im Vorfeld der Verhandlungen hatte Barnier kritisiert, die Briten wollten sich Vorteile für ihre zukünftigen Beziehungen mit der EU herauspicken, ohne Gegenleistungen zu erbringen. Großbritannien fordert einen möglichst ungehinderten Zugang für britische Unternehmen zum EU-Binnenmarkt, weigert sich jedoch, im Gegenzug Sozial-, Umwelt- oder Verbraucherstandards der EU zu akzeptieren.

Frost hatte zuvor kritisiert, die EU biete London ein "minderwertiges Handelsabkommen", das ihr eine "beispiellose Kontrolle" über britische Gesetze und Institutionen geben würde. EU-Ratspräsident Charles Michel und Kommissionschefin Ursula von der Leyen werden noch im Juni mit Premier Johnson eine Zwischenbilanz zum Verhandlungsstand ziehen.

Seit dem 1. Februar ist Großbritannien kein EU-Mitglied mehr. Bis Jahresende behält das Vereinigte Königreich jedoch noch Zugang zu EU-Binnenmarkt und Zollunion. Die Übergangsphase sollte dazu dienen, die künftigen Beziehungen zu regeln und insbesondere ein Handelsabkommen zu vereinbaren. Doch auch nach vier Monaten und vier Verhandlungsrunden sind konkrete Regelungen weit entfernt - und der ungeregelte Brexit wird wieder zur ernsten Gefahr für beide Seiten.

ire/afp/dpa