Polizisten sind auf dem Heider Südermarkt unterwegs. © ^NDR

Südermarkt in Heide bleibt ein "gefährlicher Ort"

Stand: 21.05.2022 17:30 Uhr

Seit einigen Wochen treffen sich Jugendgruppen am Heider Südermarkt. Raub, Bedrohungen und Schlägereien sind an der Tagesordnung. Die Polizei hat den Südermarkt zum „Gefährlichen Ort“ erklärt - und bleibt zunächst dabei.

von Carsten Rauterberg

Mit der Ruhe in der Dithmarscher Kreisstadt Heide ist es seit einigen Wochen offenbar vorbei. Der Südermarkt, einer der beliebtesten Plätze in der Innenstadt, ist zum Treffpunkt von gewaltbereiten Jugendlichen im Alter von 14 bis 22 Jahren geworden. Zwischen St. Jürgen-Kirche, einer Sparkassen-Filiale und der Heider Marktpassage treffen sich vor allem am frühen Abend vorwiegend männliche Jugendliche und junge Männer.

Zahlreiche Polizei-Einsätze am Südermarkt

Mal sind es zehn, mal 20 und gelegentlich auch deutlich mehr junge Leute. Oft wird dann im Laufe der Abends die Polizei gerufen, weil Passanten beleidigt und bedroht, Jugendliche ausgeraubt oder zwei Gruppen in Streit geraten sind. Das sagt Thomas Schulz, stellvertretender Leiter des Heider Polizei-Reviers.

"Bei uns wurden in den vergangenen Wochen 40 Anzeigen wegen Körperverletzung gestellt, dazu Sachbeschädigungen und andere Delikte. Das ist für Heide schon ungewöhnlich", sagt der Beamte. Man hätte sich schon überlegt, wie die Polizei weiter damit umgehen könne und sich auch mit der Dienststelle in Itzehoe besprochen.

Erste Phase: "Gefährlicher Ort"

Polizisten sind auf dem Heider Südermarkt unterwegs. © ^NDR
Auf dem Heider Südermarkt gibt es in letzter Zeit häufig Ärger.

Die Polizeidirektion Itzehoe hat die Heider Innenstadt mitsamt des Südermarktes zunächst als "gefährlichen Ort" eingestuft. Zunächst für 30 Tage. "Das bedeutet, wir dürfen die jungen Leute ohne Anlass kontrollieren, ihre Personalien feststellen und sie auch durchsuchen", sagt Thomas Schulz. Das habe gezeigt, dass man auf dem richtigen Weg sei. Aber es reicht anscheinend noch nicht aus. "Daher haben wir eine Verlängerung beantragt und die wurde jetzt auch beschlossen."

Konkret heißt das, dass die Einstufung als "Gefährlicher Ort" um 90 Tage verlängert wurde. Für größere Einsätze bekommen die Heider Polizeibeamten Unterstützung aus anderen Revieren. Schulz erläutert: "Wir wollen durch unsere Präsenz und unsere Kontrollaktivitäten die Straftaten dort verhindern." Rund um die Uhr könne man aber nicht präsent sein.

Polizeiarbeit hat ihre Grenzen

Die Beamten des Heider Polizei-Reviers sind seit Wochen regelmäßig am Südermarkt und auch in der nahegelegen Marktpassage auf Streife. Die Arbeit der Polizei habe aber Grenzen, sagt Thomas Schulz: "Wir können ja nur temporär tätig werden, in dem wir jetzt agieren aufgrund der Vorfälle."

Vielmehr müsse man sich nun fragen, warum sich der Südermarkt so entwickelt hat und warum die Kinder und Jugendlichen so auffällig sind. Dabei gehe es auch darum zu überlegen, welche Möglichkeiten es gibt dagegen an zu gehen, ergänzt Schulz.

Der Südermarkt ist Stadtgespräch

Die Vorfälle am Südermarkt sind Hauptgesprächsthema in der Dithmarscher Kreisstadt. Spätestens nachdem vor gut einer Woche - an einem Freitagabend gegen 21 Uhr - mehrere Personen in der Marktpassage aneinandergeraten sind.

Die Bürger überlegen unterdessen, was die Stadt machen kann um die Lage zu beruhigen. "Wir brauchen dort Überwachungskameras", schlägt ein Mann vor. "Dann könnte alles gefilmt werden, auch wenn einige dort Straftaten begehen. Und das könnte auch abschrecken." Andere fordern noch mehr Polizei. Ein Heider, der gerade aus der Marktpassage kommt, sagt: "Die Polizei müsste hier häufiger sein, öfter Streife laufen."

Ein weiterer Heider trägt eine Tüte vom Bäcker in der Hand. Er findet die Lage beängstigend und wünscht sich Streetworker.

Rätselraten über die Ursachen

Polizei und Kommunalpolitiker rätseln unterdessen, warum der Südermarkt auf einmal so ein beliebter Treffpunkt der jungen Leute geworden ist. Offenbar gibt es aber viele mögliche Ursachen. "Der Südermarkt liegt mitten in der Innenstadt, es gibt dort Sitzbänke und vor allem freies W-LAN, das lockt die Leute an", sagte Thomas Schulz von der Polizei. Dazu komme die nahegelegene Marktpassage, in die man auch mal bei Regen flüchten könne und ein Supermarkt, der bis 22 Uhr geöffnet hat.

Ein anderer Bürger vermutet einen Zusammenhang mit der Corona-Pandemie. Die Jugendlichen dürften nun nach Monaten - nach den für sie harten und ungewohnten Einschränkungen - endlich wieder raus. Dazu kommen die sommerlichen Temperaturen und das wollten die Jugendlichen nun wohl ausnutzen.   

Der Bürgermeister ist bestürzt

Heides Bürgermeister Oliver Schmidt-Gutzat (SPD) ist entsetzt von der Entwicklung am Südermarkt: "Ich bin in großer Sorge und hoffe, dass sich die Auseinandersetzungen am Südermarkt nicht zu einer Spirale der Gewalt entwickeln." Er informiere sich regelmäßig bei der Heider Polizei über die aktuelle Lage.

Das Rathaus liegt nur wenige Meter vom Südermarkt entfernt. Viele Stadt-Mitarbeiter kommen auf dem Weg zur Arbeit oder zum Feierabend am Südermarkt vorbei. Einige haben dort auch schon konkrete Vorfälle mitbekommen. Heides Bürgermeister hat jetzt die Anregung von Heides Polizeichef aufgenommen, der ein gemeinsames Vorgehen aller Behörden gefordert hatte. Gemeint sind damit die Staatsanwaltschaft Itzehoe, die Polizei, die Stadt Heide und das Jugendamt. Nun soll es in der kommenden Woche einen Runden Tisch zum Thema Südermarkt geben.

Positives Signal vom Stadtmarketing Heide

Auch für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vom Heider Stadtmarketing sind die Vorfälle am Südermarkt ein Thema. Denn ihr Büro und die vor zwei Jahren eröffnete Tourist Info liegen direkt am Südermarkt.

Benjamin Hillmann vom Stadtmarketing meint, dass man von den abendlichen Geschehnissen in der Tourist Info nicht viel mitbekommt. "Aber am nächsten Morgen haben wir hier vor unseren Eingang die Hinterlassenschaften des Abends und der vergangenen Nacht. Dosen, Flaschen, Müll jeglicher Art und das ärgert uns natürlich schon."

Zusammen mit Heides Innenstadt-Managerin Sandra Hief hat sich Hillmann etwas überlegt. Das Stadtmarketing habe ohnehin eine Open-Air-Reihe für den Sommer geplant, sagt Hillmann. "Wir wollen da jetzt kleine Konzerte machen, Comedy, Poetry Slam. Eine kleine Event-Reihe um unsere Innenstadt zu beleben." Das soll ganz bewusst trotz der aktuellen Situation stattfinden, um den Platz positiv zu besetzen und nicht die Segel zu streichen.

Wenn alles klappt, beginnt die neue Open-Air-Veranstaltungsreihe am Heider Südermarkt schon am 2. Juni.

Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Welle Nord | Nachrichten für Schleswig-Holstein | 21.05.2022 | 08:00 Uhr

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